Bombycilla garrulus
Der Seidenschwanz (Bombycilla garrulus) hat im Volksmund viele Namen. Die Bezeichnung Seidenschwanz spricht das seidenartige Gefieder an. In England heißt er Bohemian
Waxwing. Waxwing geht auf die roten Punkte im Gefieder ein, die an Siegellack erinnern sollen. Ein Vogel aus Böhmen mit wachsartigen Flügeln. Auch in Deutschland wurde er in manchen Gegenden
als Böhmer oder Böhmerlein bezeichnet im Irrglauben, dass der Vogel aus Böhmen käme. Pestvogel und Sterbevogel sind zwei andere Namen, die der Volksmund dieser Vogelart gegeben
hat.
Da die Vögel nur unregelmäßig im Herbst und Winter auftraten, galt ihr Erscheinen in großen Schwärmen als Vorbote von Unglücksfällen. Mit dem episodischen Auftreten der Pest wurde die
Seidenschwänze deshalb auch in Verbindung gebracht.
Die Art ist hocharktisch von Alaska bis Kamtschatka verbreitet und fehlt nur im nordöstlichen Zipfel von Sibirien. Die beiden anderen Vertreter der Gattung, der Zedernseidenschwanz und der Blutseidenschwanz, haben ein deutlich kleineres Verbreitungsgebiet. Der Blutseidenschwanz brütet auf Sachalin und im Südosten Russlands und überwintert in Japan, auf der koreanischen Halbinsel und im Südosten Chinas. Das Brutgebiet des Zedernseidenschwanzes schließt in Amerika südlich an das des Seidenschwanzes an.
Größe: 19-23 cm
Gewicht: 34-85 g
Verbreitung: gesamte boreale Zone der nördlichen Hemisphäre
Nahrung: Während der Brutzeit vor allem Insekten, sonst fast ausschließlich Früchte
Lebensraum: feuchte Fichtentaiga
Zugverhalten: Teilzieher mit invasionartigen Wanderungen bei Nahrungsmangel
Brutzeit: Mai - Juli
Nest: mittlerer bis oberer Kronenbereich von Fichten, napfförmig
Fortpflanzung: monogame Saisonehe, 4-6 (7) Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 13-15 Tage, verlassen Nest nach 15-17 Tagen, flügge nach 18 Tagen
Höchstalter: 13 Jahre, 6 Monate (Totfund)
Bestand: 1,0-2,1 Millionen Brutpaare in Europa, 14,4-28,2 Millionen Vögel weltweit
Status: nicht gefährdet, Trend: abnehmend
In Deutschland Zugvogel und Wintergast, mit teilweise invasionsartigen großen Einflügen, zuletzt 2004 und 2008
Ungewöhnlich für Singvögel ist das geringe Stimmrepertoire des Seidenschwanzes. Der Reviergesang unterscheidet sich nur geringfügig vom Ruf des Vogels. Das hängt vermutlich mit dem geringen territorialen Verhalten des Seidenschwanzes zusammen. Die klingelartigen Rufe sind jedoch so markant, dass man die Vögel oft erst hört, bevor man sie sieht.
In Deutschland ist der Seidenschanz ein Wintergast oder Durchzügler. Auf dem Weg in die Überwinterungsgebiete in Norditalien und Kroatien. Es sind Teilzieher, deren Auftreten in Mitteleuropa starken Schwankung unterliegt. Einzelne Vögel oder kleine Trupps können jedes Jahr, vor allem in Nordostdeutschland beobachtet werden. Es kann aber auch zu invasionsartigen Einflügen kommen. Diese hängen im Wesentlichen von zwei Faktoren ab. Dem Nahrungsangebot im Spätsommer in den Brutgebieten und dem Bruterfolg.
Sechs große Einflüge gab es im 20. Jahrhundert in Deutschland: 1903, 1913, 1931, 1965, 1988, 1995.
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