Die Tschuktschenstelze (Motacilla tschutschensis) wurde noch vor einigen Jahren als östliche Schafstelze bezeichnet und systematisch als Unterart der Schafstelze eingeordnet. Die deutlichen genetischen Unterschiede der vier östlichen Unterarten zu den Westlichen hat zur Trennung geführt.
Das Brutgebiet der Tschuktschenstelze erstreckt sich vom Nordosten der Mongolei und Chinas bis in den Westen Alaskas. Die Überwinterungsgebiete liegen in Südostasien und reichen bis in den Norden Australiens. Die nördlichen Populationen legen dabei die längsten Zugstrecken zurück. Dieses Zugverhalten wird in der Ornithologie als Überspringzug (englisch leapfrog = Bocksprung) bezeichnet. Dabei ziehen Vögel, die in den nördlichen Brutgebieten heimisch sind, über die Populationen der südlicheren Brutgebiete hinweg in entferntere Überwinterungsgebiete.
Dieses Zugverhalten kann man bei vielen Vogelarten beobachten. Norwegische Singdrosseln überwintern bevorzugt im Südwesten der Iberischen Halbinseln, Vögel der deutschen Population bleiben in Frankreich.
Die Tschuktschenstelze ist erst vor ein paar Jahren als eigenständige Art von der Schafstelze abgetrennt worden. Die Angaben, die man in der Literatur zu ihr findet, beziehen sich teilweise noch auf die Schafstelze im Allgemeinen.
Größe: 17 cm
Gewicht: 16-21 g
Verbreitung: Nord-Ost Asien bis West-Alaska
Nahrung: wirbellose Tiere, hauptsächlich Bienen, Wespen, Fliegen, Käfer und Wanzen, selten Samen und anderes pflanzliches Material.
Lebensraum: offene, feuchte Graslandschaften
Zugverhalten: Zugvogel, überwintert in Südostasien, Tagzieher, oft in größeren Schwärmen
Nest: Bodennest, in Moos, Seggen oder Erdmulden, die vom Weibchen ausgehoben werden
Brutzeit: Juni - Juli
Fortpflanzung: weitgehend monogam, 5 (4-7) Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 9-13 Tage, verlassen Nest nach 12-13 Tagen, selbstständig nach 16 Tagen
Höchstalter: unbekannt
Bestand: unbekannt, vermutlich zwischen 50 und 150 Millionen Vögel
Status: nicht gefährdet,
In Deutschland sehr seltene Ausnahmeerscheinung, zwei Nachweise, zuletzt Februar 2025 bei Kiel (SH)
Der Gesang der Tschuktschenstelze besteht aus einem schnellen Zwitschern von 3 bis 6 Tönen, schneller als bei der Schafstelze. Der Flugruf ist ein raues „zrrie“, das an den Ruf der Zitronenstelze erinnert.
Das Brutgebiet der Tschuktschenstelze liegt über 6.000 Kilometer von Deutschland entfernt, und bis zu den Überwinterungsgebieten sind es noch einmal rund 2.000 Kilometer mehr. Ihre Zugwege führen durch den ostasiatischen Raum, weshalb Beobachtungen in Deutschland äußerst selten sind. Bisher wurde die Art hier nur zweimal nachgewiesen: am 9. Oktober 2022 auf Helgoland und Ende Januar, Anfang Februar 2025 am Bülker Leuchtturm bei Kiel. Diese Funde stehen im Zusammenhang mit weiteren Sichtungen in Europa in den vergangenen Jahren. Insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten wurden die Vögel beobachtet. Dabei handelt es sich meistens um Jungvögel im ersten oder zweiten Kalenderjahr.
Dass asiatische Singvögel weit außerhalb ihres eigentlichen Verbreitungsgebiets auftauchen, ist kein Einzelfall. So wird etwa der Gelbbrauen-Laubsänger, dessen Verbreitungsgebiet dem der Tschuktschenstelze ähnelt, in Deutschland regelmäßig nachgewiesen.
Männchen im Brutkleid zeichnen sich durch eine gelbe Unterseite und eine dunkelgrau-olivfarbene Oberseite aus. Das Kopfgefieder variiert stark zwischen den Unterarten: Die beiden nördlichen Unterarten (M. t. tschutschensis und plexa) zeigen eine graue Kopfzeichnung mit weißem Überaugenstreif, schwarzen Zügeln und oft schwärzlichen Ohrdecken. M. t. macronyx weist hingegen keinen weißen Überaugenstreif auf und ähnelt der Thunbergschafstelze, einer Unterart der Schafstelze (M. flava thunbergi). Bei der Unterart (M. t. taivana) dominieren hingegen gelbe und gelbgrüne Farbtöne im Kopfgefieder.
Weibchen ähneln den Männchen, sind jedoch blasser und kleiner. Im Schlichtkleid wirken beide Geschlechter insgesamt matter gefärbt. Jungvögel im Herbst ähneln den adulten Vögeln, sind jedoch ebenfalls blasser und zeigen oft weniger Gelb auf der Unterseite.
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