Neun Beutetiere muss der Neuntöter (Lanius collurio) aufspießen, bevor er selbst zu fressen anfangen darf, so glaubt es der Volksmund. Wie alle Würger sind diese Singvögel überraschend aggressive kleine „Raubvögel“. Zu ihrem Beutespektrum gehören kleine Wirbeltiere, selbst kranke oder verletzte Vögel werden erbeutet. Meistens sind es jedoch Insekten, die vom Neuntöter gefangen werden. Oft wird die Beute auf Dornen aufgespießt. Das dient nicht nur der Vorratshaltung, sondern kann bei großer Beute auch beim Zerteilen hilfreich sein.
Größe: 17-19 cm
Gewicht: 22-34 g
Verbreitung: W-Paläarktis,
Nahrung: hauptsächlich Insekten, kleine Wirbeltiere, auch Beeren, oft Wildkirschen
Lebensraum: offene, warme Landschaft mit strukturreichen Wiesen, Sträuchern und niedrigen Bäumen,
Zugverhalten: Langstreckenzieher, überwintert im südöstlichen Afrika
Brutzeit: Mai - Juli
Nest: in Sträuchern, Hecken, niedrig in Bäumen
Fortpflanzung: monogame Saisonehe, 4-7 (2-9) Eier, 1 Brut pro Jahr, Brutdauer 13-16 Tage, Jungvögel verlassen nach 13-16 Tagen das Nest, selbstständig nach ab 38 Tagen
Höchstalter: 10 Jahre und 1 Monat
Bestand: 84-150 Tausend Brutpaare in Deutschland, 7,4-14,3 Millionen in Europa, 24,8-47,7 Millionen Vögel weltweit
Status: nicht gefährdet, Trend: abnehmend,
In Deutschland Zugvogel, brütet in ganz Deutschland, nicht gefährdet, Trend: abnehmend
Der Neuntöter trägt in seinem Gesang Elemente vieler verschiedener anderer Vogelarten vor. In Mitteleuropa sind das primär Elemente aus dem Gesang von Amsel, Kohlmeise, Haubenmeise und Rauchschwalbe.
Der Neuntöter ist in Deutschland ein Brutvogel der offenen, weitgehend extensiv genutzten Landschaft, die durch Hecken und niedrige Sträucher strukturiert ist.
Deutschland ist fast flächendeckend besetzt. Die Bestandslücken im Nordwesten sind vorwiegend klimatisch bedingt. Nasse Phasen während der Brutperiode haben sich negativ auf die Populationsentwicklung ausgewirkt.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind die Bestände mit kurzen Erholungsphasen rückläufig. Zurückzuführen sind sie in erster Linie auf den Verlust von Lebensräumen, der mit dem Verlust traditioneller Landwirtschaft einhergeht.
Der Neuntöter ist ein Langstreckenzieher, der im Süden Afrikas überwintert. Von April bis in den Juni findet der Durch- und Wiedereinzug in Deutschland statt. Ab Anfang August bis Ende September der Herbstzug. Der Zugweg verläuft in südöstlicher Richtung, über Griechenland erreichen die Vögel Afrika.
Die Bestandsentwicklung des Neuntöters wird langfristig als rückläufig eingestuft. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war der Neuntöter ein häufiger Brutvogel in ganz Deutschland. Der dann folgende massive Bestandseinbuch wird nicht nur dem Verlust an Lebensraum zugeschrieben. Negativ ausgewirkt hat sich auch das in der Phase besonders niederschlagsreiche atlantische Klima. Hohe Niederschlagsummen in den Brutmonaten Juni und Juli wirken sich besonders negativ auf den Bruterfolg des Neuntöters aus.
Der Lebensraumverlust ist vorwiegend geprägt durch die Intensivierung der Landwirtschaft. Dem Neuntöter fehlen Gehölzstrukturen, Weidetiere und ein reichhaltiges Angebot an großen Insekten.
Als besonders schützende Vogelart wurde der Neuntöter mit allen anderen in Deutschland brütenden Würgerarten schon 1966 im Vorläufer der Roten Liste aufgeführt. Sein Bestand hat sich bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts stabilisiert. Seit 2007 wird der Neuntöter nicht mehr in der Roten Liste der Brutvögel in Deutschland geführt.
Um auf seine besondere Gefährdung hinzuweisen, ist der Neuntöter in mehreren Ländern zum Vogel des Jahres gekürt worden. Die Wahl 1985 in Deutschland wurde mit dem Verlust des Lebensraums und dem Rückgang an Großinsekten, der Nahrungsgrundlage der Vögel, begründet.
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